
Dino Hermann
Hätten sich die echten Dinosaurier so gegen das Aussterben gesträubt wie der seit Wochen auf dem Sterbebett liegende Dino Hermann, wer weiß, wie die Evolution verlaufen wäre. Vielleicht würden uns Dinos durch den Dschungel jagen, vielleicht würden glückliche Dino-Eltern mit ihren Dino-Kindern in den Zoo gehen und sich Menschen angucken, vielleicht hätte Dino-Aldi gerade die Preise für Discount-Menschenfleisch gesenkt, vielleicht würden wir morgens sabbernd die Dino-Zeitung aus dem Vorgarten holen und den Dino-Briefträger anknurren, vielleicht wären wir aber auch gar nicht da, wer weiß. Der HSV indes ist noch da und kann trotz der wohl desaströsesten Saison seiner Vereinsgeschichte noch immer die Klasse halten, was an sich schon irgendwo zwischen Wunder und Treppenwitz anzusiedeln ist. Gegen die Bayern präsentierten sich die Hamburger trotz des Ergebnisses von 1:4 im Vergleich zu den vorherigen Spielen sogar deutlich verbessert. Ob es nächsten Samstag in Mainz zum Sieg reicht, bleibt aber abzuwarten, denn in der diesjährigen Form scheint es, als könnten die Hamburger nicht mal an der Supermarktkasse Punkte sammeln.
Mario Götze
In dieser Saison wirkt Mario Götze auf dem Platz oft fast ein bisschen unbeteiligt. Er trabt viel, kickt mit der Körperspannung eines Strandkickers und nach Toren freut er sich nicht so richtig, sondern klatscht kurz ab und trabt dann zurück zur Mitte. Aber gut, wenn man prinzipiell jeden anderen Menschen der Welt ins Schleudertrauma dribbeln kann und so gut ist, dass man selbst Einbeinige tunneln könnte, wenn man es nur ernsthaft versuchen würde, wird es vielleicht irgendwann einfach langweilig. Beim 4:1 gegen den HSV am Samstag war Götze deutlich der beste Mann auf dem Platz, schoss mal eben zweieinhalb Tore und wirkte nach seinen Treffern trotzdem, als wäre er lieber zuhause vor der PlayStation. Aber wahrscheinlich sind da die Gegner einfach ein wenig fordernder.
Claudio Pizarro
Möglicherweise verbringt Mario Götze auch einfach zu viel Zeit mit Weltspaßfußballer Claudio Pizarro, dessen copacabanahafte Berufseinstellung auf Münchens Sommer-Schnäppchen abfärbt. Wir wissen es nicht. Dass Pizarro nach fast 18 Profijahren aber überhaupt noch auf diesem Niveau spielt und sich nicht morgens im Bett von einem Hexenschuss in den nächsten wälzt, ist zweifelsohne bemerkenswert. Während sich andere Profis in einem ähnlichen Alter vertraglich einen Zivildienstleistenden und Breikost im Mannschaftshotel zusichern lassen, zieht Münchens Peruaner es vor wie gegen den HSV hübsche Fallrückziehertore zu schießen. Und danach auch noch ohne Hilfe aufzustehen. Bewundernswert.
Roman Weidenfeller
Wenn Roman Weidenfeller, der prinzipiell a grandios Saison gespielt hat, ausgerechnet short vor the Bekanntgabe des vorläufigen WM-Kaders a recht harmlosen Ball through the Hosenträger rutschen lässt, is that natürlich ärgerlich. Als mildernder Umstand sei vielleicht angemerkt, dass Niklas Süle, der den Torschuss abgab, über den Körperbau eines schlechtgelaunten Zwölftonners verfügt und somit höchstwahrscheinlich auch über einen rechten Fuß, mit dem er barfuß Unfallautos wieder ausbeulen könnte. Sein Schuss zum 2:3 war allerdings trotzdem durchaus haltbar. Für the WM-Nominierung drücken wir Weidenfeller natürlich weiterhin the thumbs und sayen: Kopf up, leben goes weiter.
Martin Harnik
Ehrfurchtsvoll wollen wir an dieser Stelle sämtliche unserer Hüte, Toupets, Sombreros, Alufolien-Helme, Achtziger-Stirnbänder, Bierdosen-Käppis und Spaßzylinder vor Stuttgarts Martin Harnik ziehen, der das wichtige Spiel seines VfB gegen Wolfsburg mit ausgekugelter Schulter bestritt. Wie viele Betäubungsspritzen Harnik hat bekommen müssen, um mit einer derart schmerzhaften Verletzung auflaufen zu können, wissen wir nicht, vermuten aber, dass man mit der Harnikschen Dosis auch eine mittelgroße Elefantenherde in einen langen und traumlosen Winterschlaf schicken könnte. Harnik aber wirkte gegen den VfL derart gierig darauf, den Klassenerhalt perfekt zu machen, man hätte ihm schon sämtliche Gelenke in seinem Körper auskugeln müssen, um ihn am Spielen zu hindern. Und selbst dann wäre Harnik wahrscheinlich noch eingegipst und im Rollstuhl mit entschlossenem Blick der Murmel hinterhergerollt. Die notwendige Operation kann Harnik nach dem nun geschafften Klassenerhalt in Angriff nehmen, was in etwa sechs Wochen Pause bedeutet. Die gute Nachricht dabei ist: Die WM mit Österreich wird er deswegen nicht verpassen.
Kevin de Bruyne
Im Winter für die Ablöse eines kurzen VW-Führungsetagen-Schmunzlers ins malerische Wolfsburg gewechselt, hatte Kevin de Bruyne zunächst Mühe, die erhoffte Verstärkung zu sein. Nach und nach zeigt der Belgier nun aber immer deutlicher seine Extraklasse. Im Spiel gegen Stuttgart hämmerte er den Ball derart wuchtig zum 1:0 in die Maschen, dass Gerüchten zufolge das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt angefragt hat, ob de Bruyne in der Sommerpause nicht freundlicherweise ein paar Satelliten per Spannstoß in die Umlaufbahn bolzen könnte. Zudem hat der Belgier ein Laufpensum, das selbst Haile Gebrselassie erschöpft auf die Tartanbahn erbrechen und den Duracellhasen in suizidaler Absicht auf die nächste Autobahn hoppeln ließe. De Bruyne aber rennt und rennt und rennt. Und trifft und trifft und trifft.
Julian Draxler
Als wir 20 waren, hatten wir so eben die letzten Ausläufer der Pubertät überstanden, das „Bravo“-Abo just gekündigt und die „Masters“-Figuren eher widerwillig auf den Dachboden geräumt. Julian Draxler absolvierte am Samstag im selben Alter derweil sein 100. Bundesligaspiel und löste damit Bundesliga-Rekordspieler Charly Körbel als jüngster Spieler im Hunderter-Club der Liga ab. Glückwunsch. Ob Draxler auch die 602 Bundesligaspiele von Körbel erreichen wird, bleibt indes fraglich, schließlich waren bereits in der Vergangenheit sämtliche europäische Topklubs ohne mit der Wimper zu zucken bereit, Draxler für eine Transfersumme ins Ausland zu locken, mit der sich auch der griechischen Staatshaushalt ausgleichen ließe. Ob nun auf Schalke oder im Ausland – lange wird es wahrscheinlich nicht mehr dauern, bis Draxler endgültig in den Rang eines internationalen Topspielers aufsteigt. Glückwunsch auch dazu. Wir sind derweil mal auf dem Dachboden, traurig ein wenig „Masters“ spielen.
Aaron Hunt
Glaubt man den weisen Worten von Midtempo-Legende, Bart-Vorbild und Schunkel-Philosoph Roger Whittaker – und natürlich tun wir das, denn der Mann ist so etwas wie eine Vaterfigur für uns – dann kann ein Abschied durchaus ein scharfes Schwert sein. Für Aaron Hunt wäre das zum Beispiel der Fall gewesen, wenn er seine Abschiedssaison in Bremen mit einem Abstieg abgeschlossen hätte. Aber der Mann scheint zu wissen, was sich gehört und wie man einen Abschied nach 14 Jahren Vereinszugehörigkeit gebührlich feiert. Mit seiner Klasse und seinen Toren war Hunt entscheidend am Klassenerhalt der Bremer beteiligt, in seinem letzten Heimspiel für Werder gegen Hertha erzielte er zudem gleich zwei Tore und läutete damit eine sicherlich emotionale Abschiedsparty ein. Ob auf der Feier auch Roger Whittaker gespielt wurde, wissen wir nicht, hoffen es aber natürlich sehr.
Marwin Hitz
Dass Braunschweig am Samstag gegen Augsburg haarscharf am Befreiungsschlag vorbeischrammte, lag vor allem auch an FCA-Keeper Marwin Hitz. In der 89. Minute stand der eingewechselte Salim Khelifi frei vor Hitz und brauchte nur einzuschieben. Die Braunschweiger Fans hielten den Atem an, Torsten Lieberknecht lockerte kurz den Würgegriff am Halse des Vierten Offiziellen, im Vereinsheim kippte scheinbar grundlos ein Jägermeister um und irgendwo in München setzte ein Friseur gedankenverloren die Schere von Paul Breitners Minipli ab. Es wäre der Sprung auf den Relegationsplatz gewesen, Hitz aber parierte den Schuss mit einem Reflex, der selbst Neo aus „The Matrix“ eifersüchtig ein paar Löffel hätte biegen lassen. Schade drum. Augsburg erhält sich mit dem 1:0‑Sieg übrigens weiterhin die Chance auf den Europacup. Der FC Augsburg. Im Europacup. Willkommen in der Matrix.
Raul Bobadilla
Für die Braunschweiger mag Raul Bobadillas Siegtreffer ein Schlag ins Gesicht gewesen sein, für uns Lupfertoroholiker war sein butterzarter Heber in der 94 Minute das vielleicht schönste Erlebnis seit dem Räumungsverkauf im Wurst-Sonderpostenmarkt. Eine eher unfreiwillige Hackenablage von André Hahn chippte Bobadilla nämlich mit derart viel Gefühl über die Braunschweiger Defensive hinweg in die Maschen, dass wir überzeugt sind, dass demnächst schmalzig-romantische Groschenromane über dieses Tor geschrieben werden. Die wir übrigens völlig ironiefrei lesen würden.
Christian Gentner
In Sachen Traumtore lobend erwähnen wollen wir an dieser Stelle auch Stuttgarts Christian Gentner, dessen Tor zum 1:1 aus rein ergebnistechnischen Gründen zwar unbedeutend war, das uns Fußballästheten aber salzige Freudentränen auf unsere zu engen Retrotrikots weinen ließ. Insbesondere die Ballannahme mit der Hacke über seinen Gegenspieler hinweg war ein ganz besonders feines Schmankerl und derart gefühlvoll, dass irgendwo in Paris Zlatan Ibrahimovic seine Hacke zärtlich mit Bodylotion einseifte, bevor er die Tube per Fallrückzieher wieder in den Schrank schoss. Einzig Gentners verweigerter Torjubel nach seiner sexy Hackenannahmen-Gewaltschuss-Kombo schmälerte unseren Traumtor-Genuss. Wenn man ein derart wichtiges Tor schießt, das es zu dem Zeitpunkt ja noch war, darf man sich ruhig ein wenig freuen. Auch wenn es gegen den Ex-Klub geht.
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