Welcome to Limpopo, Mami - Unterwegs in Sdafrika 11FREUNDE

December 2024 · 3 minute read

15 Kilo­meter vor der Grenze zu Zim­babwe, wo vor zwei Jahren die Cho­lera gewütet hatte, kreuzten ein schwä­bi­scher Schlachter und seine Frau, eine Beauty-The­ra­peutin, meinen Weg. Wir trafen uns auf einer Farm, wo ich ange­halten hatte, um Hüft­kreise gegen Auto­mü­dig­keit auf­zu­führen. Deut­sche trifft man hier fast an jeder Stra­ßen­ecke, und man muss auf­passen, was man sagt.

Der Schlachter liebt Süd­afrika, weil er hier einiges Getier jagen und ver­wursten kann, das es in Stutt­gart nicht gibt. Seine beson­dere Pas­sion gilt dem Schießen mit Schwarz­pulver. »Damit kannst du sogar Büffel erlegen«, sagte er. Die Beauty-The­ra­peutin liebt Süd­afrika, weil sie hier ihre Mani­küre-Erfah­rung bei wohl­ha­benden Tou­ris­tinnen anwenden kann. Beide zusammen lieben Süd­afrika wegen des Klimas – hier im äußersten Norden des Landes fällt die Tem­pe­ratur auch im Winter kaum unter 20 Grad. Der Schlachter und die Beauty-The­ra­peutin ergänzen sich wie ein Anti­lo­pen­horn das andere.

Wie sie über Kloses Platz­ver­weis denken, wollte ich wissen. Doch so richtig schien die beiden das Schicksal des kalt­ge­stellten Tor­jä­gers nicht zu inter­es­sieren. Die WM ist näm­lich nicht überall. Es gibt diese ver­schnarchten Orte ohne Han­dy­emp­fang und ohne Fern­seher. Die Men­schen hier stehen um fünf Uhr mor­gens auf, arbeiten den Tag über an ihrer gesunden Gesichts­farbe und löschen um 20 Uhr das Licht, bevor sie vom Balz­ge­schrei der Paviane wieder auf­wa­chen.

Klose Miroslav? Ein Serbe?

Ich hatte das Spiel Deutsch­land gegen Ser­bien im Auto­radio gehört, wäh­rend ich Pol­ok­wane hinter mir ließ. Der Kom­men­tator kom­men­tierte extrem ver­wir­rend, zum Bei­spiel sagte er immer »Klose Miroslav« und ord­nete Klose Miroslav den Serben zu. Später kor­ri­gierte er sich zwar, hatte aber für mich den­noch seine Glaub­wür­dig­keit ver­loren. Je weiter ich ins Nichts fuhr, desto gleich­mü­tiger wurde ich. Rote Hügel und Stein­for­ma­tionen rasten vorbei, dann wieder grüne Wiesen. Ich stellte fest: Klose Miroslav und diese Land­schaft sind zwei Dinge, die man, auch wenn man sich anstrengt, im Kopf nicht zusam­men­bringen kann. Werner hatte bereits auf Abend­modus geschaltet, als mich ein Poli­zist aus dem Ver­kehr zog. Aus den Augen­win­keln hatte ich gerade noch das »60«-Schild gesehen. Mist. Wie schnell war ich gefahren? 120?

Die Scheibe meines Fens­ters surrte her­unter. Der Poli­zist betrach­tete den Müll­berg auf dem Bei­fah­rer­sitz, der haupt­säch­lich aus leeren Cola­dosen, Ziga­ret­ten­schach­teln, Man­da­ri­nen­schalen und Trau­ben­zu­cker­päck­chen bestand. Ich befürch­tete das Schlimmste (Frau­en­knast, erfolg­lose Amnesty-Inter­na­tional-Post­kar­ten­ak­tion, Zwangs­tä­to­wie­rung mit schmut­zigen Nadeln), doch der Poli­zist sprach nur eine Ver­war­nung aus. »Wel­come to Lim­popo, Mami«, sagte er fei­er­lich, und bevor ich über das »Mami« nach­denken konnte, war ich wieder auf der N1.

Schweigen mit einem Farmer am Feuer

Abends saß ich mit dem Schlachter am Feuer, wäh­rend seine Frau mit frisch mani­kürten Fin­ger­nä­geln die Steaks auf dem Grill wen­dete. Ein Farmer, breit wie ein Schrank, leis­tete uns Gesell­schaft. Er schwieg meist, einmal sagte er: »Die Congo ist baaie, baaie groot.« Der Kongo ist sehr, sehr groß. Ich fragte höf­lich nach, was er dort gemacht habe? Er winkte ab, starrte wieder ins Feuer. Ver­legen ver­ab­schie­dete ich mich bald.

Der Farmer hatte recht: Ich habe keine Ahnung von den Aus­maßen und den Geschichten dieses Kon­ti­nents. Wieder überkam mich das Gefühl, das mich nor­ma­ler­weise nur im Flug­zeug beschleicht, wenn die über­flo­genen Orte ein­ge­blendet werden – in Afrika gibt es so viele Länder, Seen und Gebirge, dass man bis ans Ende seines Lebens Stadt, Land, Fluss spielen könnte ohne sich zu wie­der­holen. Zum Glück hatte ich meinen Rei­se­pass in Johan­nes­burg ver­gessen.

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